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Die Corona-Krise bescherte den Schulen heftige Turbulenzen. Geordneter Unterricht war monatelang unmöglich, ein Ende der Pandemie ist noch nicht in Sicht. Zahlreiche Einrichtungen machten aus der Not eine Tugend und entwickelten aus eigenem Antrieb beispielgebende Formen das Lernen und Lehrens. Was unter Ausnahmebedingungen möglich ist, zeigten 366 Schulen, die sich um den Deutschen Schulpreis 20|21 Spezial bewarben. Die Jury wählte unter 18 Finalisten sieben Hauptgewinner aus.
Die Pandemie hat einige Dauerbaustellen des deutschen Schulwesens schonungslos ausgeleuchtet, zum Beispiel die Themen Bildungsgerechtigkeit, Digitalisierung und soziales Miteinander. „Für viele Schulen ist die Pandemie trotz aller Anstrengungen ein Weckruf“, heißt es im Begleitheft zur aktuellen Preisvergabe. „Wichtige Entwicklungsschritte, die manche Schulen lange vor sich hergeschoben haben oder noch gar nicht auf ihre Agenda gesetzt hatten, wurden in der Pandemie beschleunigt umgesetzt.“ Die daraus erwachsenen Konzepte können Impulse für eine Veränderung von Unterricht und Schule über die Krise hinaus geben, und das bereits, ohne auf langwierige Reformvorgaben von oben warten zu müssen.
Die Jury ordnete die eingereichten Konzeptberichte sieben Themen zu. Alle bieten Ansatzpunkte für individuelle Lösungen interessierter Schulen im Land an. Die Preisträger (Prämie jeweils 10.000 Euro) in den einzelnen Kategorien sind:
Beziehungen aktiv gestalten
In der Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg in Hamburg-Dulsberg lernen 1.600 Kinder und Jugendliche aus 86 Nationen mit und ohne Behinderung. Die Schule als gemeinsamen Bezugsort zu erhalten, war höchstes Ziel intensiver Beziehungsarbeit. Dazu gehörten der „Unterricht am Fenster“, regelmäßige Telefonkontakte und die Anlieferung von Arbeitsmaterialien und Schulessen. Kommunikatives Glanzlicht war die YouTube-Show „Dulsberg Late Night“, anfangs vom Schulleiter produziert und mittlerweile von den Schüler*innen fortgeführt.
Bildungsgerechtigkeit fördern
Für die Grundschule am Dichterviertel in Mülheim an der Ruhr war klar, den Bildungsauftrag nicht an die Eltern weiterzureichen, sondern die Lernfreude der Kinder im virtuellen Klassenzimmer zu stärken: zum Beispiel durch digitale Pyjamapartys, Führungen durch Zoos auf der ganzen Welt und die „Freundschaftsbank“. Digitale Klassenräte, das Schülerparlament und Eltern-Sprechstunden boten Begegnungs- und Austauschräume.
Digitale Lösungen einsetzen
Die IGS Lengede (Niedersachsen) konnte beim Homeschooling auf eine bereits erprobte digitale Infrastruktur setzen. Herzstück ist ein unabhängig vom Betriebssystem der Schülergeräte verfügbarer Werkzeugkasten, der den Lernenden Zugang zum Lernmanagementsystem „itslearning“ ermöglicht. Die Schüler*innen arbeiten im Distanz- und Präsenzunterricht an individualisierten Lernwegen, die sie selbst wählen. Auch Verwaltung und Management der Schule sind weitgehend digitalisiert.
Selbstorganisiertes Lernen ermöglichen
Gemäß dem Konzept des selbstgesteuerten Lernens konnten die Schüler*innen der Städtischen Gesamtschule Münster-Mitte nach gemeinsamen Einführungsstunden in sog. Lernbüros und Tischgruppen alleine und miteinander in selbstgewählten Fächern arbeiten. In ihren Logbüchern trugen sie Lernresultate und künftige Lernschritte ein, die Lehrkräfte wirkten unterstützend.
Schüler*innen mit Beeinträchtigungen fördern
Die Mosaikschule Marburg machte vor, wie Schüler*innen mit geistiger Beeinträchtigung, mit Lernschwierigkeiten oder körperlicher Behinderung trotz Pandemie bestmöglich gefördert werden können. Lehrkräfte, Eltern und Behörden kooperierten eng miteinander, um individuelles und gemeinsames Lernen im Distanzunterricht zu ermöglichen und methodisch sinnvoll zu strukturieren.
Tragfähige Netzwerke knüpfen
Das Evangelische Gymnasium Nordhorn (Niedersachsen) stach durch die digitale Erweiterung seiner sozialen Netzwerke hervor. Als Alternative zu regelmäßigen Besuchen in sozialen Einrichtungen standen die Schüler*innen alten Menschen ihres Heimatortes mit Einkaufshilfen und Balkonkonzerten zur Seite. Digitale Projektarbeit ermöglichte die Fortsetzung der Ganztagsbetreuung. Mit der Universität Osnabrück und einem jungen Unternehmen für klimafreundliche Landwirtschaft wurden zusätzliche Bereiche digitalen Lernens geschaffen bzw. intensiviert.
Zusammenarbeit in Teams stärken
Stabile Teamstrukturen während der Pandemie wurden in der Gesamtschule Körnerplatz in Duisburg als geradezu systemrelevant erkannt. 70 Prozent der mehr als 900 Schüler*innen haben einen Migrationshintergrund – niemand sollte durch Homeschooling verloren gehen. Jede Klasse hatte zwei Leitungen, Lehrkräfte verschiedener Klassen arbeiteten in Doppelteams zusammen, so dass den Schüler*innen immer sofort ein Ansprechpartner zur Verfügung stand. Zwei pädagogische Steuergruppen, ein multiprofessionelles Team, Beratungsteams und der „LehrerInnenRat“ sorgten für effizientes Schul- und Unterrichtsmanagement.
Mit dem Deutschen Schulpreis zeichnen die Robert Bosch Stiftung und die Heidehof Stiftung zusammen mit der ARD und der ZEIT Verlagsgruppe innovative Schul- und Unterrichtskonzepte aus. Der Wettbewerb wurde 2006 ins Leben gerufen und will eine ideenreiche und praxisorientierte Schulentwicklung vorantreiben. Interessierte Schulen müssen sich einem mehrstufigen Bewerbungsverfahren in sechs Qualitätsbereichen mit einer Hospitation durch die hochkarätig besetzte Jury stellen. Dabei gewinnen nicht nur die Schulen, die einen Geldpreise einheimsen: Bis zu 20 Bewerberschulen erhalten zwei Jahre lang eine individuelle Begleitung ihres Konzepts, werden zu Vernetzungstreffen und Seminaren eingeladen. Der diesjährige Wettbewerb fand coronabedingt als Sonderausgabe statt und hatte seinen Höhepunkt in der Online-Preisverleihung am 10. Mai durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Der Deutsche Schulpreis 20|21 Spezial. Jetzt lernen, was morgen Schule macht, 84 Seiten. Die Publikation informiert über die bildungspolitischen Ziele des Wettbewerbs, alle Preisträger, nominierte Schulen und die Jury.
www.deutscher-schulpreis.de/der-deutsche-schulpreis-2021-spezial
Auch das Schulportal begleitet den Wettbewerb mit Porträts der Schulen und Infos:
www.deutsche-schulakademie.de/ueber-uns/der-deutsche-schulpreis
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