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Auf Entdeckungstour im selbst angelegten Schulgarten: Kinder säen, ernten und essen ihr eigenes Gemüse. Hier erfahren sie, woher die Tomaten auf der Pizza kommen, lernen Gurken von Zucchini unterscheiden und lassen sich krumme Möhren schmecken. Dieses Lernerlebnis macht das soziale Start-up Ackerdemia möglich – ein Verein, der Schulen deutschlandweit dabei unterstützt, im Klassenraum oder auf einem Acker ihr eigenes Gemüse anzubauen. Die Trendinfo-Redaktion sprach mit dem Gründer, Geschäftsführer und Agrarökonom Dr. Christoph Schmitz (37) über das grüne Bildungsprogramm für Kitas, Schulen und neuerdings auch Unternehmen.
Dr. Christoph Schmitz: Ja, in meinem Garten, ich lebe südlich von Potsdam. Bei mir gibt‘s über 50 verschiedene Gemüsesorten zu bestaunen, da ist immer etwas zu tun. Aber ich habe in dieser Woche auch schon im Garten der Schule meiner Tochter geackert, der seit diesem Schuljahr bei der GemüseAckerdemie ist.
Wie aus einem Samenkorn essbares Gemüse wird, wie man einen Gemüsegarten anlegt, wie Pflanzen, Tiere, Erde und Klima zusammenhängen – Basiswissen, das Kinder heute oft nicht mehr haben. Je mehr wir in einem digitalen Umfeld groß werden, was ja gut ist, desto wichtiger sind echte Begegnungen, echte Erlebnisse und Erfahrungen mit der Natur. Kinder haben daheim nicht mehr den Gemüsegarten, nicht mehr die Großeltern, die hinter dem Haus gärtnern, kennen keinen Bauernhof in ihrer Nähe. Nur weil im Supermarkt immer alles so reichlich verfügbar ist, könnten sie glatt den Eindruck bekommen, dass sie sich nicht mehr mit der Natur beschäftigen brauchen. Ergänzend zur praktischen Anschauung auf dem Acker bieten wir auch unsere vertiefenden Unterrichtsmaterialien an.
Wir wollen ja nicht das Gärtnern gegen die elektronischen Medien ausspielen. Im Gegenteil, es ist prima, wenn die Kinder ihr Smartphone mit auf den Acker nehmen und den Regenwurm und die Tomate fotografieren. Dazu bauen wir gerade die Plattform „Schulgarten Digital“, mit der Schulen maßgeschneidert betreut werden können: mit Echtzeitdaten vom Stand des Schulgartens und Pflanzterminen, dazu Infos, Videos und Webinare. So können sich Lehrer sehr niedrigschwellig den grünen Daumen aneignen. Vielleicht gelingt es uns irgendwann auch noch, das Ganze mit aktuellen Wetterdaten zu koppeln.
Ein Hochbeet, Indoorbeet oder ein kleiner Acker auf dem Betriebsgelände genügt bereits für unser Konzept vom gemeinsamen Gärtnern in der Arbeitspause. Frei nach dem Motto: „Gemüse säen, Teamgeist ernten“. Viele Unternehmen beteiligen sich mit gemischten Teams, die in ihrem Arbeitsalltag nichts miteinander zu tun haben. Wir zeigen den Betrieben vor Ort, was beim Gemüseanbau wichtig ist und geben per App regelmäßig Tipps. Auch der Aspekt gesunden Essens kommt nicht zu kurz. Die Teilnehmer*innen können die Ernte gleich in der Büroküche zubereiten oder sich zur gemeinsamen Mahlzeit zusammen tun. Nach diesem Gedanken des Urban Farming arbeiten wir auch mit Wohnungsbauunternehmen zusammen. Damit können sie ihre Mieter zum gemeinsamen Gärtnern einladen.
Bei Interesse kommt der oder die zuständige Regionalmanager*in in die Schule und spricht mit allen Beteiligten das geplante Projekt ab. In der Regel geht es dann im kommenden Frühjahr los. Bei den Kosten ist uns ein gewisser Eigenanteil der Schulen wichtig, das erhöht die Wertschätzung. Er ist aber nach Bedürftigkeit gestaffelt, sodass die Teilnahme eigentlich nicht an den Kosten scheitert. Ein Großteil der Programmkosten wird aber von Sponsoren getragen – Stiftungen, Ministerien und Unternehmen.
Wenn die Kinder mit leuchtenden Augen Radieschen und Möhren aus der Erde ziehen, staunend eine Ameise betrachten. Ein tolles Erlebnis, wenn man bedenkt, dass sie noch wenige Wochen zuvor mit Distanz und Skepsis auf den Acker gekommen sind. Außerdem ist faszinierend, an einer Schule Ideen und Konzepte auszuprobieren, sie zu verbessern und ähnlich auch anderswo anwenden zu können.
Da muss ich nicht lange nachdenken – die Kartoffel. Ich komme von einem Kartoffelhof im rheinischen Erkelenz und fand es schon immer faszinierend, was man mit dieser Knolle alles machen kann. Viele Kinder empfinden das offenbar genauso. Spätestens bei der Ernte werden sie alle zu kleinen Schatzsuchern.
Das gemeinnützige Sozialunternehmen Ackerdemia e.V. wurde 2014 gegründet, bis heute haben rund 40.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland, der Schweiz und in Österreich an der GemüseAckerdemie teilgenommen. 615 AckerKitas und AckerSchulen sowie neuerdings 33 Gemüseklassen erwerben nachhaltiges Wissen über Natur, Landwirtschaft und gesunde Ernährung. Mehr als 80 Mitarbeiter sind für die Ackerdemia im Einsatz und entwickeln neue Ideen.
Kontakt:
Ackerdemia, Großbeerenstraße 17, 14482 Potsdam
www.gemueseackerdemie.de
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