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Dieses Geschenkpaket kam gar nicht gut an: Mehrere Millionen Mund-Nase-Masken hatte das NRW-Familienministerium den Kitas pünktlich zum Regelbetriebsstart im Juni versprochen. Stattdessen kamen Bastelsätze an, die erst noch in Handarbeit zu gebrauchsfertigen Masken zusammengeklebt werden mussten. „Ein schlechter Scherz“, fühlten sich doch manche Kitas zum „Hobbybasteln“ vereinnahmt. „Ich bin entsetzt, dass die ja angeblich so hohe Wichtigkeit der Kinderbetreuung eine so geringe Wertschätzung erfährt“, empörte sich eine Erzieherin aus Soest.* Diese beiläufige Begebenheit aus dem Kita-Alltag entspricht exakt den Ergebnissen der neuesten Studie des Deutschen Kitaleitungskongresses (DKLK) zur Wertschätzung und Anerkennung von Kita-Leistungen.
Welches Bild hat die Öffentlichkeit von der Erziehungsarbeit in Kindergärten hierzulande? Welche Auswirkungen hat der Fachkräftemangel für die Bildungs- und Betreuungsqualität, die Sicherheit von Kindern und die Gesundheit von Erzieher*innen? Die repräsentative DKLK-Studie 2020 basiert auf der Befragung von bundesweit 2.795 Kita-Leitungen zu 17 Aspekten ihres Arbeitsalltags.
Eine Auswahl zentraler Aussagen ergibt folgendes (Selbst-)Bild:
Interessant ist das Urteil der Befragten zum „Gute-Kita-Gesetz“, soll es doch die Erziehungs- und Bildungsqualität in den Einrichtungen langfristig heben. Bekanntlich fließen zwei Drittel der Gelder in qualitätssteigernde Maßnahmen, ein Drittel in Gebührenentlastung. Gut 37 Prozent der Befragten sind mit der geplanten Mittelverwendung zufrieden, knapp 63 Prozent unzufrieden. In den Bundesländern, die sich für eine Entlastung der Eltern entschieden haben, ist die Unzufriedenheit besonders groß (z. B. NRW, Bayern, Thüringen). Darin spiegele sich den Fachkräften zufolge die Verkennung der wahren Problemlagen in den Kitas. Trotz Kritik an der Schwerpunktsetzung einzelner Bundesländer stellt die Studie abwägend fest: „Mit dem Gute-Kita-Gesetz wurde bundespolitisch ein Impuls gesetzt, der zur Verbesserung der Rahmenbedingungen beitragen wird. In welchem Umfang dies geschehen wird, wird sich hingegen erst zeigen.“
Alles in allem sei die aktuelle Stimmungslage durch Enttäuschung über die unzureichenden politischen Weichenstellungen gekennzeichnet, resümiert die Studie. „Aus der Perspektive der Leitungskräfte würde eine flächendeckende Investitionsoffensive in eine bessere Personalausstattung die Arbeitsbedingungen und die Bildungs- und Betreuungsqualität am nachhaltigsten beeinflussen.“ Diese müsste vor allem den Fachkräftemangel angehen. Hier sehen die Verantwortlichen einen Riesenbedarf: Allein für die Kindertagesbetreuung braucht es bis 2025 zusätzlich 310.000 Fachkräfte, den Mehrbedarf wegen des dann geltenden Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung nicht eingerechnet. Demgegenüber schließen aktuell nur 30.000 Erzieher*innen jährlich ihre Ausbildung ab.
Die Untersuchung führt ganzes Maßnahmenbündel gegen den Fachkräftemangel an: allen voran verbesserte Ausbildungsbedingungen etwa durch Kostenbefreiung, Ausbildungsvergütung und praxisintegrierte Ausbildung in Teilzeit. Weiterhin bieten sich erweiterte Ausbildungskapazitäten an Fach- und Hochschulen, eine finanzielle Besserstellung von pädagogischen Fachkräften sowie attraktivere berufliche Entwicklungsperspektiven an.
* Westfälischer Anzeiger: Corona-Masken: Kita entsetzt über Lieferung aus NRW-Ministerium (abgerufen: 18.06.2020)
DKLK-Studie 2020. Kita-Leitung zwischen Digitalisierung und Personalmangel, Köln, Wolters Kluwer, 52 Seiten, Download
Die Studie wurde durchgeführt vom Informationsdienstleister Wolters Kluwer und dem VBE Bundesverband sowie den drei VBE Landesverbänden, dem Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV), dem VBE Baden-Württemberg und dem VBE Nordrhein-Westfalen. Sie stand unter wissenschaftliche Begleitung von Prof. Dr. Ralf Haderlein, Hochschule Koblenz.
Näheres zum Deutschen Kitaleitungskongress:
www.deutscher-kitaleitungskongress.de/2020
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