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Seit fünf Jahren erprobt die Stadt Gelsenkirchen als erste nordrhein-westfälische Kommune das Pilotprojekt „Familienzentren an Grundschulen“ (FamZGru). Durchaus mit Erfolg, wie das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Uni Duisburg-Essen gemeinsam mit der Beratungsgesellschaft KCR jetzt in einer Studie attestiert: Über Familienzentren lassen sich Eltern besser erreichen und in die Grundschule holen, die Vertrauensbasis zwischen Eltern und Lehrern wächst – was den Übergang der Kinder in die weiterführende Schule erleichtert. Doch es gibt auch Handlungsbedarf: So empfehlen die Studienautoren unter anderem, eine kommunale Koordinierungsstelle einzurichten, um die verschiedenen Standorte und Fachkräfte noch mehr miteinander zu vernetzen sowie Austausch und Qualifizierung zu organisieren. Und auch die Kommunikation mit den Eltern sei noch ausbaufähig.
Das Konzept der Familienzentren existiert in Nordrhein-Westfalen seit 2006, konzentrierte sich bislang jedoch auf Kindertageseinrichtungen: Derzeit gibt es fast 2.500 Familienzentren mit rund 3.500 angedockten Kitas. Mit dem Übergang in die Grundschule reißt diese niederschwellige Unterstützung von Familien jedoch ab. Um das Angebot auch nach der Kindergartenzeit fortzusetzen, hat die Stadt Gelsenkirchen seit dem Schuljahr 2014/15 an insgesamt sechs Grundschulen Familienzentren aufgebaut. Das Projekt „FamZGru“ soll die Bildungschancen von Schulkindern verbessern und herkunftsbedingte Benachteiligungen abbauen.
Unterstützt wird das Projekt von der in Düsseldorf ansässigen Wübben Stiftung, die sich für mehr Bildungsgerechtigkeit von sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen einsetzt. Die Stiftung ist vor allem in Schulen aktiv, die in sozialen Brennpunkten liegen. „Wir wollen da ansetzen, wo das Elternhaus keine Unterstützung, sondern ein Hindernis oder eine Barriere darstellt. Ziel ist, über die Schule Eltern zu erreichen und gleichzeitig Schulen für die Zusammenarbeit mit Eltern zu sensibilisieren – es geht darum, Schule und Eltern zusammenzubringen, im Sinne der Kinder“, erklärt Markus Warnke, Geschäftsführer der Wübben Stiftung.
Die Angebote der Familienzentren sind niederschwellig und haben unterschiedliche Zielgruppen: Es gibt Angebote nur für Kinder (Sport, Kreatives, Entspannung), für Eltern und Kinder (Vater-Sohn-Treffen, Basteln) sowie Angebote nur für Eltern (Infoabende, Beratung, Elterncafé und Nähkurse). Die befragten Eltern stuften die Angebotspalette insgesamt als umfangreich, jedoch noch ausbaufähig ein. Eltern-Kind-Angebote sind dabei beliebter als reine Elternangebote, Freizeitaktivitäten werden eher akzeptiert als Beratungsangebote. Wobei die meisten Eltern nicht unterscheiden, ob ein Angebot vom Familienzentrum, von der Schule, vom Sozialdienst Schule oder vom Offenen Ganztag kommt. Relevant sind vielmehr die Inhalte und ob es von der Zeit her passt. Zunehmend wichtig wird Eltern außerdem der Grad des Bildungsabschlusses: So gebe es vor allem bei Familien mit Migrationshintergrund eine starke Tendenz, für ihr Kind einen höheren Bildungsabschluss anzustreben.
Doch die Eltern müssen erst einmal erreicht werden – was sich manchmal schwierig gestaltet. Der klassische Elternbrief sei da nicht immer hilfreich, so die Studienautoren, da er nicht von allen Eltern verstanden werde. Hier müssten andere Wege gefunden werden, zum Beispiel die persönliche Ansprache – ein zusätzliches To-Do für Lehrkräfte, denen im Vorfeld eigentlich eher eine Entlastung durch das neue Angebot angekündigt wurde. Tatsächlich fühlten sich viele der beteiligten Lehrkräfte stärker belastet, wodurch die Bereitschaft, das Projekt zu unterstützen, teilweise nachlasse. Für die Einrichtung von künftigen Familienzentren sollte daher großer Wert auf Transparenz in der Vorbereitung und Anfangsphase gelegt werden, heißt es in der Studie.
Insgesamt sei bei allen Beteiligten ein Umdenken erforderlich, so die Studienautoren: „Erziehung, Betreuung und Bildung dürfen nicht als einzelne Bestandteile betrachtet werden, sondern sind Teil eines Ganzen – mit dem Ziel, die Selbstbildungspotenziale eines Kindes weiterzuentwickeln. Das Kind muss bei allen Maßnahmen im Fokus stehen, um einen Bildungsweg unabhängig von sozialer Herkunft zu ebnen.“ Der Aufbau von Familienzentren an Grundschulen könne somit nicht additiv betrachtet werden, sondern müsse Teil eines Schulentwicklungsprozesses sein.
Andreas Born / Elke Katharina Klaudy / Brigitte Micheel / Thomas Risse und Sybille Stöbe-Blossey (Hrsg.): Familienzentren an Grundschulen, Abschlussbericht zur Evaluation in Gelsenkirchen, IAQ-Forschung, 04/2019, Universität Duisburg-Essen, 216 Seiten, Download
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