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Zur partnerschaftlich gelebten Familie gehören mindestens zwei. Voraussetzung ist das veränderte Selbstbild der Väter: Allein die Ernährerrolle, die sie noch von ihren Vätern kennen, reicht ihnen nicht. Sie möchten auch aktive Erzieher ihrer Kinder sein, ihre Partnerin im Familienalltag entlasten und in den beruflichen Plänen unterstützen. Das lässt sich an der wachsenden Inanspruchnahme von Elternzeit ablesen und wird durch Untersuchungen des Bundesfamilienministeriums (2015) belegt.* Eine aktuelle Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI) untersucht, unter welchen Bedingungen Väter sich mehr Zeit für ihre Kinder nehmen und was sie mit ihnen gemeinsam unternehmen. Überraschende Erkenntnis: Mehr Väter-Engagement für den Nachwuchs führt nicht zu mehr Arbeitsteilung der Partner, sondern zu mehr gemeinsamer Elternschaft.
Basis der vorliegenden Studie sind Daten der Zeitverwendungserhebung des Statistischen Bundesamts aus den Jahren 2012/13 und Tagebuchprotokolle von 665 Paarhaushalten mit mindestens einem Kind unter zehn Jahren. Das Engagement der Väter muss sich anhand von zwei zentralen Aufgabenbereichen innerhalb der Familie messen lassen: Routinebetreuung der Kinder und interaktive Aktivitäten. Erstere umfasst Körperpflege, Beaufsichtigung, Begleitung und Fahrdienste, letztere schließt Spiel, Sport, Hobby sowie obby Gespräche, Vorlesen und Hausaufgabenbetreuung ein. Interaktive Tätigkeiten gelten als typische Domäne väterlichen Engagements und sind der kindlichen Entwicklung besonders zuträglich. Einige wichtige Ergebnisse im Überblick.
Aktive Väter leisten zwar erwartbar immer noch einen deutlich geringeren zeitlichen Beitrag zur Kinderbetreuung als Mütter, die Studie liefert aber tagegenau über die Woche hinweg kontinuierliche Daten über den Umfang der Aktivitäten. Demnach betreuen Väter ihre Kinder an den Wochentagen jeweils 1,6 Stunden und Mütter 4 Stunden. Am Wochenende sind es 3,1 und 4,1 Stunden. Samstags und sonntags erhöhen beide Elternteile ihr Zeitbudget für interaktive Beschäftigungen, die Väter aber weit mehr (von 0,9 Std. wochentags auf 2,2 Std. am Wochenende) als die Mütter (von 1,8 auf 2,5 Std.). Insgesamt investieren Väter mehr Zeit mit den Kindern in interaktive Aktivitäten als in die Routinebetreuung, zeigen die Autorinnen auf: „Das bestätigt das Privileg der Väter, ihre knappen zeitlichen Ressourcen für die Kinder mit einem höheren Anteil attraktiver interaktiver Beschäftigungen verbringen zu können.“
Kümmern sich Väter vermehrt um ihre Kinder, läuft das nicht automatisch auf einen Zeitgewinn der Mütter hinaus. „Im Gegenteil, wir haben einen deutlichen Synchronisationseffekt der Zeitaufteilung beider Eltern mit den Kindern festgestellt“, schreibt die Studie. Das heißt, beide Elternteile verwenden ihre Zeit gemeinsam auf den Nachwuchs und schaffen so echte Familienzeit. Dieser Effekt ist an Wochenenden stärker als an Wochentagen, bei interaktiven Aktivitäten stärker als in der Routinebetreuung. Da mit zunehmendem Alter der Kinder die Routineversorgung abnimmt, ist die gemeinsame Familienzeit immer mehr durch interaktive Beschäftigungen ausgefüllt.
Hohe Bildungsressourcen sind keine Garantie für aktive Vaterschaft. „Eher scheint es Vätern mit mittlerem Bildungsniveau zu gelingen, sich aktiv in die Kinderbetreuung einzubringen.“ Entscheidender Faktor ist der Erwerbsumfang beider Eltern: Viele Überstunden schränken die aktive Vaterschaft ein. Bei einer Vollzeiterwerbstätigkeit der Mutter allerdings lag der Anteil aktiver Väter deutlich höher als bei geringfügig oder nicht erwerbstätigen Müttern.
Trotz positiver Entwicklungen gibt es bei der gleichberechtigten Aufteilung von Beruf und Familie noch viel zu tun. „Auch bei steigender Erwerbsbeteiligung von Müttern bleibt die asymmetrische Aufgabenverteilung in Haushalt und Kinderbetreuung vielfach erhalten, da Mütter auch dann den Großteil der Kinderbetreuung übernehmen, wenn sie erwerbstätig sind“, halten die Autorinnen fest.
Im neuen Verständnis von Partnerschaft und Familie spiegelt sich die hohe Wertschätzung der schon so oft totgesagten Lebensform Familie wider. Das drückt sich auch in der „Intensivierung der Elternschaft“ aus: „Obwohl die Kinderzahl der Familien gesunken ist, ist die durchschnittliche Zeitverwendung für die Kinderbetreuung sowohl bei Vätern als auch bei Müttern im vergangenen Jahrzehnt gestiegen“, zeigt die Studie auf. Diese für Deutschland erkannte Entwicklung trifft für die meisten Industrieländer zu, wonach Mütter die durch Kinderbetreuungsangebote und erhöhtes Väter-Engagement gewonnenen Zeitreserven nicht für sich persönlich oder beruflich nutzen. Der veränderte Anspruch an Familie und Partnerschaft bedeutet vielmehr, sich verstärkt und gemeinsam um die Kinder zu kümmern.
* Dossier Väter und Familie – erste Bilanz einer neuen Dynamik, BMFSJ 2015, 56 Seiten, Download
Sabine Walper / Shih-cheng Lien, Routinebetreuung und interaktive „Quality Time“: Was beeinflusst, wieviel Zeit Väter wie mit ihren Kindern verbringen?, in: Zeitschrift für Familienforschung (Heft 1), Seite 29-48.
Deutsches Jugendinstitut:
www.dji.de/medien-und-kommunikation/news/news/article/eltern-streben-nach-mehr-familienzeit.html
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