Suche
Es gibt sie noch, die guten Nachrichten: Das verfügbare Einkommen hierzulande hat für die meisten Haushalte zwischen 1991 und 2015 um 15 Prozent zugenommen. Das besagt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Top-Verdiener legten im Schnitt sogar um 30 Prozent zu. Doch wo viel Licht ist, ist auch Schatten, zeigt die Studie. Das untere Drittel der Einkommensgruppen verzeichnete einen realen Einkommenszuwachs von lediglich fünf Prozent. Zehn Prozent der Menschen mit dem niedrigsten Einkommen – sie verfügen monatlich über rund 640 Euro – haben real sogar weniger im Portemonnaie.
Die DIW-Analyse umspannt den Zeitraum vom ersten Jahr nach der Wiedervereinigung (1991) bis zum letzten derzeit verfügbaren Einkommensjahr (2015). Sie gibt damit einen profunden Überblick zu Einkommensungleichheit und Armutsrisiko im „neuen“ Deutschland. Die Daten basieren auf der Längsschnittanalyse des sozioökonomischen Panels (SOEP).
„80 Prozent der Einkommensgruppen haben reale Einkommenssteigerungen“, bringt Mitautor Grabka die positive Botschaft der DIW-Studie auf den Punkt. Die Ursachen: eine steigende Zahl von Erwerbspersonen sowie bessere Tarifabschlüsse und höhere Löhne, vor allem in den Jahren 2014 (+1,9 %) und 2015 (+2,4 %).
Bei vielen Deutschen ist vom anhaltenden Wirtschaftsaufschwung jedoch nur wenig oder nichts angekommen. Die Autoren nennen vier Gründe für diese ungünstige Entwicklung:
„In den Neunzigerjahren lag die Armutsrisikoquote noch etwa bei zehn Prozent, derzeit ist sie deutlich auf fast 17 Prozent gestiegen“, sagt Studien-Mitautor Grabka. Diese Quote bestimmt jenen Bevölkerungsanteil, der weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens hat – rund 1090 Euro für einen Einpersonenhaushalt (2015). Betroffen sind laut Studie hauptsächlich Alleinerziehende mit jungen Kindern, junge Erwachsene, Arbeitslose und Migranten. Wenn man den Migrantenanteil herausrechnet, stieg die Armutsrisikoquote in den vergangenen 25 Jahren nur „langsam und leicht“ an, von elf auf 13 Prozent.
Die Studie wirft ein interessantes Licht auf den Zusammenhang von Armutsrisiko und Wohnstatus. Bei Wohneigentümern liegt die Armutsrisikoquote seit 1991 unverändert bei rund vier Prozent, bei Mietern ist sie im selben Zeitraum von 16 Prozent auf knapp 29 Prozent gestiegen. „Von dieser Entwicklung sind vor allem junge Erwachsene bis 35 Jahren betroffen, die zur Miete wohnen. Deren Armutsrisikoquote ist seit 2000 um 15 Prozent gestiegen.“ Angesichts deutlich gestiegener Mieten dürfte es vielen Mietern erheblich schwerer fallen, ihre Wohnkosten zu bestreiten, befürchten die DIW-Wissenschaftler.
20 Prozent der Bevölkerung mit den niedrigsten Einkommen bestehen zu rund 40 Prozent aus Personen mit Migrationshintergrund. Typische Defizite von Migranten, fehlende Sprachkenntnisse und soziale Netzwerke, erschweren die Beschäftigungsaufnahme, nehmen aber mit zunehmender Aufenthaltsdauer ab. Entsprechend verbessern sich auch die Einkommen. Dem könne mit der Qualifizierung und Eingliederung von Migranten wirkungsvoll nachgeholfen werden, weshalb diesen Maßnahmen die besondere Aufmerksamkeit der Politik gebühre, empfehlen die Autoren.
Dringender Handlungsbedarf bestehe auch mit Blick auf die zunehmende Polarisierung auf dem Wohnungsmarkt. Die Zahl der Menschen, die in Sozialwohnungen leben, ist in den vergangenen 15 Jahren von 3,5 Millionen (1995) auf 1,3 Millionen (2011) gesunken. Die Studie rät: „Die Politik sollte hierbei dem Bau von bezahlbarem (Sozial-) Wohnungen, die ein immer knapper werdendes Gut darstellen, stärkere Priorität einräumen.“
Markus M. Grabka / Jan Goebel, Einkommensverteilung in Deutschland: Realeinkommen sind seit 1992 gestiegen, aber mehr Menschen beziehen Niedrigeinkommen, in: DIW Wochenbericht 21/2018, Seiten 450-460
Pflege
Neuer Ansatz in der Kurzzeitpflege von Menschen mit Demenz
Pflege
Pflegethermometer 2018: Die Fieberkurve zeigt nach oben
Gesellschaft
Sag mir du wohnst und ich sage dir, wer du bist
Bildung
Elternbefragung: Beitragsfreie Kitas sind nicht die Lösung
Sozialwirtschaft
Soziale Dienstleistungen: Hoch geschätzt, zu wenig wert
Armut
Wer wenig verdient, hat auch nichts vom Aufschwung
Gesellschaft
Neues Familienverständnis: Aktive Väter, gemeinsame Elternschaft
Buchempfehlung
Thomas Schulz: Wie das Silicon Valley Krankheiten besiegen und unser Leben verlängern will
Susanne Bauer
Senior Referentin Unternehmenskommunikation
Konrad-Adenauer-Ufer 85
50668 Köln
T 0221 97356-237
F 0221 97356-477
E-Mail