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Auch das Alter ist nicht mehr, was es einmal war. 60 plus markierte noch vor wenigen Jahrzehnten den Übergang ins stille Rentnerdasein. Heute haben Menschen zwischen 60 und 80 beste Aussichten, diesen Lebensabschnitt weitgehend aktiv, gesund und materiell versorgt zu gestalten. Die sogenannten Third Agers bilden eine Vielfalt von Lebenslagen ab, ähnlich groß ist wie die anderer Generationen: Sie sind erwerbstätig oder im Ruhestand, arbeiten ehrenamtlich, frönen ihren Hobbys oder widmen sich der Familie. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung analysiert in seiner Studie im Auftrag der Konrad Adenauer Stiftung die Generation der 60- bis 80-Jährigen mit ihren ganz unterschiedlichen Lebenslagen und Perspektiven und empfiehlt eine kluge Lebenslaufpolitik für das Dritte Alter.
Das Dritte Alter gerät zunehmend in den Blick von Politik und Wissenschaft: Es hat den über Jahrtausende hinweg dreiteiligen Lebenszyklus erweitert und auf Kindheit und Jugend folgend die Hochaltrigen auf den vierten Lebensabschnitt verdrängt – Folge der gestiegenen Lebenserwartung und des medizinischen Fortschritts. Den jungen Alten wächst damit eine ganze Lebensspanne mit einem hohen Maß an Selbstbestimmung zu. Erst dann folgt das von Hilfsbedürftigkeit und sozialem Rückzug geprägte Vierte Alter. Die Generation mit knapp 18 Millionen Menschen wird durch die Babyboomer noch zunehmen.
Früher war der Eintritt in den Ruhestand ein abruptes Lebensereignis, heute sorgen Vorruhestand, Altersteilzeit, freiwillige und unfreiwillige Ruhestandseintritte für fließende Übergänge. Weitere Faktoren tragen zu einer unterschiedlichen Gestaltungsfähigkeit des Dritten Alters bei:
Die Studie spricht folglich von einer anhaltenden „Destandardisierung bzw. Hybridisierung des späteren Lebenslaufs“.
Auch jenseits der Erwerbstätigkeit wird es für junge Alte nicht ruhig – davon zeugt das wachsende Engagement in Ehrenamt und karitativer Tätigkeit, etwa bei der Angehörigenpflege. Ein großer Anteil der 70- bis 80-Jährigen betreut die eigenen Enkel. Damit leisten die Älteren einen wertvollen Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft. „Es wurde deutlich, dass der Großteil älterer Menschen heute (…) mitten im Leben steht und keineswegs zum alten Eisen gehört“, fasst die Expertise zusammen.
Studienbegleitende Befragungen förderten bei älteren Menschen ein bislang ungenutztes Potenzial vorstellbarer, aber nicht verwirklichter Tätigkeiten zutage, hebt die Studie hervor. Sowohl am Arbeitsmarkt als auch in Vereinen, Verbänden und Parteien sollten günstige Rahmenbedingungen für die Verwirklichung solcher Absichten geschaffen werden. Dazu böte sich z. B. der Abbau von Altersgrenzen bei der Ausübung eines Ehrenamts an.
Außerdem ist die Politik gefragt, Vereinbarkeitsprobleme zwischen mehreren Tätigkeiten abzumildern bzw. zu verhindern. So könnten Erwerbstätigkeit und familiale Betreuungsleistungen miteinander kollidieren, ein häufiges Problem vor allem für ältere Frauen, welche die Hauptlast häuslicher Pflege tragen oder ihre erwachsenen Kinder entlasten möchten. Hier bieten flexible Regelungen bei Arbeitszeit und -ort eine Lösung.
Die Ausweitung des Übergangs vom Erwerbsalter in den Ruhestand bei gleichzeitiger Zunahme bezahlter Altersarbeit sollte in der Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik größere Beachtung finden, fordern die Autoren. Die Generation des Dritten Alters helfe schließlich, drohenden Fachkräftemangel abzumildern könne, erläutert die Studie.
Die Studienergebnisse legen eine „Demografiepolitik des höheren Lebensalters“ nahe. Diese muss bereits im jungen Lebensalter ansetzen, um biografisch angepasste Weichenstellungen zu erleichtern. Ziel ist, „die Potenziale älterer Menschen richtig einzuschätzen und zum Wohle des Individuums und der Gesellschaft zu fördern.“ Dabei gilt es, Unterschiede zwischen den Geschlechtern in puncto Armutsrisiko, Erwerbsbeteiligung, Ehrenamt und familialer Unterstützung möglichst gar nicht erst entstehen zu lassen. Dennoch sollten öffentliche Aktivitäten älterer Menschen immer den Charakter der Freiwilligkeit behalten dürfen und der Anspruch auf den „wohlverdienten Ruhestand“ nicht in Frage gestellt werden.
Andreas Mergenthaler / Frank Micheel / Norbert F. Schneider
Altes Eisen oder mitten im Leben? Lebenslagen, Lebensereignisse und Lebenspläne älterer Menschen in Deutschland, Expertise des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung im Auftrag der Konrad Adenauer Stiftung, 2020, 84 Seiten, Download
Andreas Mergenthaler, Deutschlands Bevölkerung wird immer älter: Handlungsempfehlungen für die Politik
www.kas.de/de/handlungsempfehlungen-demografisches-altern-2020
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