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Die Corona-Pandemie hat auch für die Sozial- und Gesundheitswirtschaft besorgniserregende wirtschaftliche Auswirkungen. Zwei bundesweite Erhebungen der Bank für Sozialwirtschaft* zusammen mit den Verbänden der Wohlfahrtspflege, dem Deutschen Verein, dem Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa e.V.) und der Universität zu Köln liefern hierzu einen präzisen Branchenbefund – eine Verbesserung der Lage ist nicht in Sicht. Die finanzielle Unsicherheit der Träger hat sich verfestigt, die Angst vor Zahlungsunfähigkeit geht um. Die Trendinfo-Redaktion sprach mit Bernd Heider, Abteilungsleiter Kreditüberwachung, über Risikobetreuung, Liquiditätssicherung und Sanierungsmanagement.
Bernd Heider: Die Pandemie hat insbesondere im Jahr 2020 gesamtwirtschaftlich tiefe Spuren hinterlassen. Während anfangs (frei-)gemeinnützige Träger von vielen Hilfsmaßnahmen, z.B. die der KfW, ausgeschlossen waren, konnte sich die Sozial- und Gesundheitswirtschaft, nicht zuletzt durch die Verbände der freien Wohlfahrtspflege und auch unterstützt durch unser Haus, Gehör verschaffen. Nachdem die Systemrelevanz und die infrastrukturelle Bedeutung unserer Branche gerade in einer solchen Krise entsprechend gewürdigt wurde, haben diverse Schutzschirme und Unterstützungsmaßnahmen in vielen Segmenten die Worst-Case-Szenarien zumindest aus heutiger Sicht deutlich abmildern können.
Eine gute und naheliegende Frage, die wir uns auch gestellt und eine überraschende Erkenntnis daraus gezogen haben. Seit Beginn der Corona-Krise konnten wir glücklicherweise bisher kein erhöhtes Aufkommen an Merkmalen aus der Risikofrüherkennung, keine signifikante Erhöhung von wirtschaftlichen Schieflagen unserer Kreditnehmer oder eine Steigerung des Insolvenz- und Ausfallgeschehens feststellen. Daraufhin hatten wir bereits auf Basis der ersten Umfrageergebnisse unsere Kundenbetreuerinnen und Kundenbetreuer um eine Rückkopplung gebeten, die dieses Phänomen im Ergebnis bestätigt hat. Gleichwohl nehmen wir die Sorgen und Nöte in unserer Branche sehr ernst und rechnen damit, dass diese mit Wegfall verschiedener Hilfsmaßnahmen auch in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft sichtbarer werden.
Wie gesagt, eine signifikante Erhöhung der Insolvenzanträge in unserer Klientel ist bislang nicht eingetreten, was allerdings auch auf die vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zurückzuführen sein kann. Auch die Hilfsmaßnahmen für „systemrelevante“ Einrichtungen und Organisationen beeinflussen diesen Aspekt positiv, solange diese Maßnahmen gewährt werden. Ob nach deren Wegfall mit einer ähnlichen Insolvenz-Welle zu rechnen ist, wie in den Medien für die Gesamtwirtschaft erwartet wird, lässt sich zwar nicht exakt vorhersagen, spurlos wird diese Entwicklung aber nicht an der Sozial- und Gesundheitswirtschaft vorüberziehen, wenn sie unsere Volkswirtschaft insgesamt trifft. Die Bank für Sozialwirtschaft hat daher sicherheitshalber ihre Risikovorsorge erhöht.
Im Grunde das, was Unternehmen generell tun sollten, ob mit oder ohne Pandemieeinflüssen. Es gilt insbesondere in einem zum Teil hochgradig regulierten Markt, in dem die Anbieter viele quantitative und qualitative Vorgaben für ihre Produkte zu beachten haben, die Rahmenbedingungen im Auge zu behalten, um bei Fehlentwicklungen möglichst frühzeitig gegensteuern zu können. Auch ein erfolgreiches Kosten-Management, Optimierungen in betrieblichen Abläufen und ein nachhaltiges Gebäude-Management stellen Faktoren dar, um die sozialwirtschaftliche Organisation zu stabilisieren und nach vorne zu bringen. Agieren statt Reagieren, soweit dies u.a. auch die politischen Einflüsse in einer Krise wie dieser zulassen. Darüber hinaus halte ich eine gute Vernetzung sowie die Bereitschaft, sich auch externer Expertise zu bedienen, für zielführende Maßnahmen.
Planung bedeutet nicht, den Zufall durch Irrtum zu ersetzen, denn gerade in dieser Phase ist es enorm wichtig, die Mittelherkunft und die Mittelverwendung weitsichtig zu planen und die Liquidität mit ruhiger Hand zu steuern. Daher ist eine detaillierte Liquiditätsplanung, bei der Abweichungsanalysen obligatorisch sein sollten, eine unabdingbare Voraussetzung.
Um als Bank Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten helfen zu können, sind unter dem Begriff „Kreditvergabe in der Krise“ hohe regulatorische Anforderungen durch die Bankenaufsicht zu beachten. Dabei ist u.a. auch die Erfüllung formaler Anforderungen, wie z.B. an externe Sanierungsgutachten, zu nennen. Daher versuchen wir mit unseren Instrumenten zur Risiko(früh)erkennung Fehlentwicklungen, die zu einer Schieflage führen können, frühzeitig zu identifizieren, um dann durch den Einsatz unserer Sanierungsexperten der Abteilung Kreditüberwachung mit unseren Kunden ins Gespräch zu kommen und Handlungsmöglichkeiten auszuloten. Inwieweit dann Stundungen, zusätzliche Kreditvergaben oder andere der vielfältigen Maßnahmen zielführend umgesetzt werden können, hängt natürlich vom Einzelfall ab. In dem Zusammenhang steht uns zudem ein umfangreiches Netzwerk verschiedener Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bis hin zu hoch qualifizierten Insolvenz-Experten zur Verfügung, die wir bei entsprechendem Bedarf empfehlend zur Auswahl stellen.
Getreu dem Motto „Schuster bleib‘ bei deinen Leisten“ setzt die BFS in ihrer fast hundertjährigen Geschichte auf ihre fachspezifische Expertise, um für ihre Kunden ein Partner auf Augenhöhe zu sein. Insofern verfügen unsere Kolleginnen und Kollegen sowohl in der Kundenberatung als auch in den Abteilungen der Marktfolge nicht nur über ein hohes bankfachliches Knowhow, sondern werden ganz gezielt in Themen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft aus- und fortgebildet. Darüber hinaus stehen unseren Kunden umfangreiche Beratungs- und Unterstützungsleistungen durch die BFS Service GmbH zur Verfügung, wie z.B. die viel beachtete Standort- und Wettbewerbsanalyse, eine qualifizierte medizinisch-ökonomische Analyse für Krankenhäuser und Rehabilitationszentren, Gutachten für Sozialimmobilien sowie ein umfangreiches Angebot an Seminaren für die Sozial- und Gesundheitswirtschaft, um nur einige zu nennen.
Die BFS wurde im Jahr 1923 (zunächst als „Hilfskasse gemeinnütziger Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands m.b.H.“) gegründet, daher hat sie in ihrer langjährigen Geschichte schon viele schwierige Phasen von unterschiedlichsten Ausmaßen gemeinsam mit ihren Kunden erfolgreich überstanden. Eine Pandemie dieses Ausmaßes gab es in dieser Zeit zwar noch nicht, aber ich bin fest davon überzeugt, dass unser Haus auch diese Krise mit ihren Kundinnen und Kunden in bestmöglicher Partnerschaft meistern wird.
* Die zweiteilige Erhebungsreihe führte die BFS in Kooperation mit den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege, dem Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge, dem Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa e.V.) und der Universität zu Köln durch. Die zweite Umfrage lief im November/Dezember 2020, die erste Umfrage im Mai/Juni 2020. Angesprochen waren Leitungskräfte von Trägern und Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens.
Vom 9. April bis zum 7. Mai läuft eine dritte Umfrage der BFS und der Verbände, die gezielt die mittelfristigen Auswirkungen der Corona-Pandemie in den Leistungsfeldern der Pflege erhebt.
Teilnahme und weitere Informationen:
www.sozialbank.de/covid-19/umfrage
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