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Die Digitalisierung schreitet voran – eine Tatsache. Die Digitalisierung ist in aller Munde – ein Trugschluss. Denn eine Mehrheit der Deutschen kann mit zentralen Begriffen aus der Welt der Bits und Bytes nichts anfangen. Oder meint sie zu verstehen, deutet sie aber falsch. Zum Beispiel „Algorithmus“, „Künstliche Intelligenz“, „Bots“ und „Industrie 4.0“. Was bedeutet, dass viele Menschen der öffentlichen Diskussion über die Transformation aller Lebensbereiche nur sehr lückenhaft folgen können. Neben diesem unerfreulichen Befund wartet der aktuelle Digital Index der Initiative D21 e.V. auch mit einigen Lichtblicken auf: Die Studie zeichnet ein insgesamt vielfältiges Bild, wie die Bürger hierzulande auf den digitalen Wandel eingestellt sind.
Die Initiative D21 e.V, ist nach eigenem Bekunden Deutschlands größtes gemeinnütziges Netzwerk für die digitale Gesellschaft. „Der Blick auf die Digitale Gesellschaft erfordert (...) mehr als die Frage, wer online und offline ist“, stecken die Wissenschaftler den Rahmen für den aktuellen Digital Index ab. „Erst die Betrachtung des Nutzungsverhaltens, der Offenheit und vor allem der Kompetenzen vervollständigt das Bild.“ Die Analyse stützt sich auf die repräsentative Befragung von mehr als 22.000 Personen und wurde durch das Bundeswirtschaftsministerium gefördert.
Der Digital Index für die deutsche Bevölkerung ist auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten gegenüber dem Vorjahr von 53 auf 55 Punkte gestiegen. Grund ist das Plus beim Subindex „Zugang zum Netz“ (6 Punkte), bedingt vor allem durch die wachsende mobile Internetnutzung. Doch kein Grund zum Jubel: „Die Werte bei Nutzungsverhalten und Kompetenz stagnieren, die Deutschen können also im Digitalumfeld gegenwärtig gerade so Schritt halten“, halten die Forscher nüchtern fest.
Soziodemografische Merkmale machen in puncto Internetnutzung eine Kluft in der Bevölkerung sichtbar: Zwischen Jung und Alt, formal höher und niedriger Gebildeten, Stadt und Land. Männer nutzen das Internet häufiger als Frauen, Berufstätige mehr als Personen ohne berufliche Tätigkeit, Mitglieder in Mehrpersonenhaushalten mehr als Alleinstehende oder Paare.
Ein gegenwärtig vieldiskutiertes Thema ist die mobile Arbeit. Tatsächlich ist es nur für eine Minderheit von 16 Prozent der Befragten selbstverständlich – 84 Prozent arbeiten traditionell, weil mobiles Arbeiten in ihrem Beruf (56 %) oder ihrem Unternehmen bzw. Bereich (25 %) nicht möglich ist. Immerhin 26 Prozent haben kein Interesse an dieser Variante – eine Zunahme von fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Erfolgreiche digitale Transformation hängt davon ab, inwieweit die Menschen die neuen Technologien akzeptieren. Hier besteht erhebliche Skepsis gegenüber Künstlicher Intelligenz und Robotik. So hat die Hälfte der Befragten Vorbehalte gegenüber der Zusammenarbeit im Job mit einem humanoiden Roboter oder der Produktberatung im Internet durch digitale Assistenten. Die Vorstellung selbstfahrender Autos verursacht sogar bei zwei Drittel der Befragten (66 %) Bedenken. Konkrete Erfahrungen mit Smart-Home-Anwendungen (vernetzte Haushaltsgeräte, Heimroboter) haben weniger als sechs Prozent.
Die höchsten Wohlfühlwerte (41 %) entfallen auf die Vorstellung von Implantaten zur Beobachtung und medikamentösen Behandlung von Krankheiten, nur ein Viertel kann sich mit dem Gedanken nicht anfreunden.
Die Verbreitung sozialer Medien nimmt stetig zu. „Am meisten nutzen sie die 14- bis 29-Jährigen, Berufstätige mit Bürojob und höher Gebildete“, resümiert die Studie. Mit Abstand am weitesten verbreitet ist WhatsApp – selbst bei den über 65-Jährigen (20 %). Facebook ist bei 41 Prozent der Deutschen im Einsatz, YouTube nutzt jeder Dritte. Die beruflichen Netzwerke Xing und LinkedIn erreichen nur einen Bruchteil.
„Es bewegt sich etwas in der Digitalen Gesellschaft“, frohlockt Hannes Schwaderer, Präsident der Initiative D21. Und tatsächlich: In den vergangenen fünf Jahren nahm die digitale Kompetenz der Bevölkerung stetig zu. Tatsache ist aber auch, dass diese Kompetenz je nach Alter, Bildungsstand und Stadt-/Land ungleich verteilt ist und im globalen Maßstab rascher zunehmen sollte. Hier Abhilfe zu schaffen ist vor allem eine Frage der Bildung, unterstreicht Schwaderer. Es ist aber auch eine Frage des politischen Willens, möchte man hinzufügen. Der internationale Vergleich mahnt zu mehr Problembewusstsein und Tatkraft: So liegt Deutschland bei der digitalen Wettbewerbsfähigkeit nur auf Platz 17, weit hinter Ländern wie Singapur, Schweden, die USA und Finnland (World Digital Competitivness Yearbook 2017). Der IT-Branchenverband Bitkom warnt vor einem Wegfall von 3,4 Mio. Arbeitsplätzen bis 2022. Der Streit um Breitbandausbau und 5G lässt ahnen, wie sehr es politischer Rahmensetzung bedarf, damit die Bevölkerung mehr Vertrauen in Potenzial und Gestaltungsfähigkeit des digitalen Umbruchs fasst.
D21-Digital-Index 2018 / 2019. Jährliches Lagebild zur Digitalen Gesellschaft, durchgeführt von Kantar TNS, Initiative 21 e. V. (Hrsg.), Download
Mehr zur Initiative D21: https://initiatived21.de
Siehe auch die aktuelle Umfrage der Bertelsmann-Stiftung:
Was Europa über Algorithmen weiß und denkt. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage, 1. Aufl. 2019, 40 Seiten, Download
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