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Da haben wir es wieder einmal schwarz auf weiß: Bildung zahlt sich aus. Wer höher qualifiziert ist, verdient mehr und wird seltener arbeitslos, geht öfter wählen und lebt gesünder. Davon profitiert auch die Gesellschaft. So steht es im aktuellen Nationalen Bildungsbericht, den eine Autorengruppe unter Federführung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) alle zwei Jahre erstellt. Der Report liest sich als Weckruf: Bildung ist hierzulande immer noch stark mit der sozialen Herkunft verknüpft. Es fehlt an Lehrern, Erziehern, moderner Ausstattung und bildungspolitischer Kooperation der Länder.
Die Autoren plädieren nachdrücklich für „weitere Ausbauanstrengungen“ im deutschen Bildungssystem, von der Frühen Bildung bis zur Hochschule. Zwar hat die Kindertagesbetreuung mit aktuell mehr als 600.000 Beschäftigten ein „Allzeithoch“ erreicht. Dennoch bescheren steigende Geburtenzahlen, Zuwanderung und die steigende Erwerbstätigkeit von Müttern den Kitas und Schulen auch künftig weiteren Zulauf – ein Mindestmehrbedarf von 313.000 Fachkräften alleine in der Betreuung. Insgesamt liegt heutzutage die Zahl der Kitakinder, Schüler und Erwachsenen, die an Bildung und Höherqualifizierung teilhaben, um fast eine halbe Million Menschen höher als 2009.
Der Trend zur Höherqualifizierung hält an: Der Anteil der Personen mit Hochschulreife nahm zwischen 2006 und 2016 von 23 auf 31 Prozent zu, der Hauptschüleranteil nahm ging von 41 auf 31 Prozent zurück. Zugleich bleibt der Studienabbruch mit 30 Prozent auf hohem Niveau, bei den Hauptschulen ist der Anteil der Schüler ohne Abschluss erstmals wieder leicht gestiegen – auf sechs Prozent der Bevölkerung eines Jahrgangs. In beiden Fällen ist der Anteil ausländischer Jugendlicher hoch, stellt der Report fest.
Der Report stellt einen anhaltenden Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg fest. Trotz vieler Reformbemühungen sei es nicht gelungen, „Bildungsungleichheiten entscheidend zu verringern.“ Ob Jugendliche ein Studium aufnehmen, hängt stark vom Elternhaus ab. Nur knapp ein Viertel der Kinder von Eltern mit beruflicher Ausbildung studieren, bei Akademikerkindern liegt der Anteil dreimal so hoch.
Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist oder die sonderpädagogischen Förderbedarf haben, bilden sehr heterogene Lerngruppen. Zuwanderung und Inklusion sind für diese Entwicklung verantwortlich. So stieg etwa die Zahl der Kinder in Tagesbetreuung, die in ihrer Familie nicht vorrangig Deutsch sprechen, zwischen 2006 und 2017 von 363.000 auf 553.000. Der Anteil der Kinder, die in die Förderschule eingeschult wurden, lag 2008/09 bei 3,6 Prozent und 2016/17 nur noch bei 3 Prozent (= 21.700 Kinder).
„Strukturschwache Räume stehen vor der Herausforderung, auch zukünftig ein auf die Bedürfnisse der Bevölkerung angepasstes Bildungsangebot zu gewährleisten“, beklagen die Autoren. So sei die Zahl der Grundschulen in strukturschwachen Landkreisen und kreisfreien Städten zwischen 2006 und 2016 um elf Prozent gesunken, die Zahl der Berufsschulen sogar um 26 Prozent. Generell ist das Bildungsangebot in ländlichen Regionen deutlich geringer als in den Städten. Das betrifft auch das Angebot an Ausbildungsplätzen. Unterschiedliche Entwicklungsperspektiven von Regionen haben die Tendenz der Selbstverstärkung: „Sie haben Folgeeffekte für die Attraktivität der Regionen als Wohn- und Arbeitsort und können zu einer weiteren Zu- oder Abwanderung führen.“
Nein, es ist nicht alles schlecht im deutschen Bildungssystem. So sind die Zugangswege zum Erwerb des Abiturs vielfältiger geworden, der Anteil der Kinder, die nach der Grundschule auf das Gymnasium wechseln, ist gestiegen und das pädagogische Personal in der Kindertagesbetreuung hat sich seit Mitte der 1990er-Jahre „weit mehr als verdoppelt“. Positiv hervorzuheben ist auch, dass die Leistungen deutschen Sekundarschüler mittlerweile über dem OECD-Durchschnitt liegen. Doch wie die oben aufgelisteten Beispiele zeigen, lässt sich der nationale Bildungsbericht auch wie ein Blauer Brief an die Adresse von Bund und Ländern lesen: Werden die anstehenden Hausaufgaben nicht rasch gemacht und entsprechende Investitionen getätigt, mindert das die Zukunftsfähigkeit des Landes.
Bei der Vorstellung des Berichts zusammen mit Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) bezeichnete der Präsident der Kultusministerkonferenz, Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Die Linke), den aktuellen Bildungsbericht als einen „Weckruf an die Politik“. So zeichnen sich beim Personal erhebliche Engpässe ab. Mehr als 50 Prozent der Lehrer sind über 50 Jahre alt, werden also in absehbarer Zeit pensioniert. Auch in den Kitas dürften 2025 mehr als 300.000 Fachkräfte fehlen.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die mangelnde Koordination der Bildungspolitik, die bekanntlich Ländersache ist. Der aktuelle Streit um den Digitalpakt oder unterschiedliche Anforderungen und Qualitätsstandards in den Ländern liefern reichlich Anschauungsmaterial.
Nationaler Bildungsbericht – Bildung in Deutschland 2018 und Stellungnahme der Bundesregierung. Deutscher Bundestag, Drucksache 19/6930, 394 Seiten, Download
Auf der Webseite www.bildungsbericht.de sind neben den nationalen Bildungsberichten alle Tabellen als elektronische Datenblätter sowie weitere konzeptionelle Informationen zur Bildungsberichterstattung abrufbar.
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