Suche
Ältere Menschen spenden gerne als Dank für gute medizinische Behandlung, jüngere möchten kranken Menschen helfen. Gemeinsam ist den Spendern die Verbundenheit mit ihrer Heimat und die Bereitschaft zur Unterstützung dort aktiver Einrichtungen. Die Stiftung Universitätsmedizin Essen legte jetzt die erste Studie zum Spenderverhalten an deutschen Universitätskliniken vor. Darin finden sich wertvolle Daten und Trends zur Leitfrage: Wer spendet für Medizin und warum? Daraus abgeleitete Handlungsempfehlungen sollen Entscheidungsträgern der Gesundheitswirtschaft die Ausrichtung eigener Fundraisingaktivitäten erleichtern.
Der wachsende Kosten- und Wettbewerbsdruck zwingt die Branche, zusätzliche Wege der Mittelbeschaffung zu beschreiten. Dabei rückt das Fundraising in den Fokus. Positive Erfahrungen in den USA dürften hierzulande ermutigend wirken. In Deutschland steht die Erforschung des Themas noch in den Anfängen. Immerhin liegt eine Umfrage des Deutschen Hochschulverbands aus dem Jahr 2010 vor, wonach 70 Prozent der befragten medizinischen Fakultäten dem Fundraising eine wachsende Bedeutung zuschrieben.* Nach einer weiteren Erhebung des Deutschen Fundraising Verbands und der Unternehmensberatung Roland Berger akquirierten 600 von 1.000 befragten Krankenhäusern Spenden – mit einem Return on Investment von mehr als 400 Prozent (2016**).
Während sich die Untersuchungen bisher auf die Kliniken und ihre Förderbedarfe konzentrierten, wendet sich die vorliegende Studie erstmals direkt den Spendern zu. Zwar funktioniert das Eine nicht ohne das Andere, machen die Forscher klar, betonen aber: „Nur wer seine Spender, ihre Herkunft und Motivation, ihre Wünsche und Bedürfnisse kennt, kann seine Fundraisingstrategie und die Wahl seiner Maßnahmen und Instrumente systematisch auf seine Zielgruppen abstimmen und auf Dauer erfolgreich Spenden einwerben.“
Die Untersuchung basiert auf der Befragung von 1.317 Personen im Alter zwischen 18 und 94 Jahren, die in den zurückliegenden Monaten zwischen 5 und 500 Euro an eine von bundesweit acht ausgewählten Uni-Kliniken*** gespendet haben. Daraus ergeben sich praxisnahe Erkenntnisse zur Soziodemografie und Spendermotivation der Zielgruppen.
Über die Hälfte der Studienteilnehmer (62 %) ist im Ruhestand, 55 Prozent sind Männer. Bei einem Viertel der Befragten liegt das monatliche Haushaltsnetto-Einkommen zwischen 1.500 und 2.500 Euro. 25 Prozent macht keine Angaben, bei der verbleibenden Hälfte unterscheiden die Autoren vier Gruppen: 14 Prozent liegen unter 1.500 Euro, 16 Prozent zwischen 2.501 und 3.500 Euro und 14 Prozent zwischen 3.501 und 5.000 Euro. Die Gruppe der Befragten mit dem höchsten monatlichen Haushaltsnetto-Einkommen von mehr als 5.000 Euro ist mit sieben Prozent am kleinsten.
Welche Motive leiten die Spender?
Nicht nur die Einkommenshöhe, auch die Motivation der Spender ist höchst heterogen. Auf die Frage „Warum fördern Sie unsere Arbeit mit Ihrer Spende?“ kamen folgende Motive zutage: Für 29,6 Prozent der Befragten war das Vertrauen in den wirkungsvollen Mitteleinsatz ausschlaggebend, gefolgt vom Dank für selbst erlebte gute Behandlung (25,1 %). Die weiteren Plätze im Motiv-Ranking: der Wunsch, kranken Menschen zu helfen (24,8 %), Unterstützung von Fortschritten in der Medizin (12,4 %) und Dankbarkeit für medizinische Hilfe für Angehörige und Freunde (8,1%).
Nichts ist schwerer als an anderer Leute Geld zu kommen, weiß der Volksmund. Das trifft auch auf das Fundraising im Gesundheitswesen zu: „Die älteren, treuen und bekannten Spendergruppen werden kleiner – neue, noch unbekannte Spendergruppen rücken nach. Diese gilt es zu identifizieren, zu gewinnen und nachhaltig zu binden“, bringt es die Studie auf den Punkt. Zur Digitalisierung der Kommunikationsprozesse kommt bei den jüngeren Zielgruppen der Wunsch nach individueller Ansprache, transparenter Kommunikation und hoher persönlicher Identifikation mit den Spenderprojekten.
Erfolgreiches Fundraising bedarf einer breiten personellen und organisatorischen Verankerung in den Einrichtungen. Dazu zählen hauptamtlich tätige Fundraiser, die Bereitschaft des Führungspersonals, aktiv für die Spendenprojekte zu werben und eine kontinuierliche Analyse von Bedarfen, Zielgruppen und Kommunikationsmaßnahmen.
*** Diese Uni-Kliniken sind: Hamburg-Eppendorf, Schleswig-Holstein, Hannover, Essen, Heidelberg, München, Freiburg, Tübingen
Weitere Info
Jorit Ness / Carina Helfers / Karl-Heinz Jöckel, Wer spendet für Medizin und warum?
Hg.: Stiftung Universitätsmedizin Essen, Januar 2020, 38 Seiten,
Van Acken Verlag (ISBN: 978-3-00-064447-4). Erhältlich unter www.dfrv.de
Die Studienpartner: Verband der Universitätsklinika Deutschland (VUD), Deutscher Fundraising Verband (DFRV) und die Fundraising Agentur Van Acken. Unterstützung erfolgte u. a. durch die Bank für Sozialwirtschaft (BFS).
* Tülin Engin / Thomas Krüger / Georg Rüdinger, Fundraising an Hochschulen und Medizinischen Fakultäten. Ergebnisse einer aktuellen Studie, 2010
Download
** Birgit Stumpf / Peter Magunia / Dominik Borgel / Johannes Golüke, Erfolgsmodell Fundraising. Eine unterschätzte Geldquelle für Kliniken – Zweite deutsche Studie zum Thema Fundraising in Krankenhäusern, Roland Berger GmbH, 2016 (Online abrufbar)
Soziales
„Gutes richtig machen und Richtiges gut machen“
Fundraising
Gemeinnütziges Vererben im Aufwind
Fundraising
Uni-Kliniken: Wer spendet und warum?
Gesundheit
Schwächen Fitness-Apps das Solidarprinzip der Krankenversicherung?
Pflege
Fachkräfte: Kaum gekommen, schon zerronnen
Bildung
Drastischer Personalmangel in der Kita-Betreuung
Ökologie
Mikroplastik: Letzter Ausweg kalter Entzug
Buchempfehlung
Naomi Klein: Warum nur ein Green New Deal unseren Planeten retten kann
Susanne Bauer
Senior Referentin Unternehmenskommunikation
Konrad-Adenauer-Ufer 85
50668 Köln
T 0221 97356-237
F 0221 97356-477
E-Mail