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Sie erfinden eine interaktive Therapiekugel für Demenzkranke, stellen Hundefutter aus Insekten her und legen Gemüsebeete als Naturschulen für Stadtkinder an: Sozialunternehmer arbeiten nach wirtschaftlichen Prinzipien, aber nicht um jeden Preis. Ihr Ziel ist die Lösung eines gesellschaftlichen oder ökologischen Problems, mit dem sich sogar noch Geld verdienen lässt. Einen bisher nur wenig beachteten Aspekt stellt jetzt der KfW-Gründungsmonitor* heraus: Demnach leisten junge Sozialunternehmer auch volkswirtschaftlich einen innovativen Beitrag.
Die Figur des sogenannten Social Entrepreneurs hat prominente Vorreiter. So landete Friedrich Wilhelm Raiffeisen bereits vor 150 Jahren mit der Gründung der gleichnamigen genossenschaftlichen Organisation einen großen Wurf, der bis heute Bestand hat. In jüngerer Vergangenheit verschaffte Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus dem Sozialunternehmertum weltweite Popularität – seine Idee des Mikrokredits sollte die Armen des globalen Südens zur Selbsthilfe befähigen. Zugleich stärken zerstörerische Exzesse in der Finanz- und Wirtschaftswelt unserer Breiten das Bewusstsein, dass Profitmaximierung ohne soziale Verantwortung der Gesellschaft schadet. Vor diesem Hintergrund gewinnt die KfW-Studie erhebliche Aktualität: Demnach führen 154.000 junge Sozialunternehmer hierzulande 108.000 Unternehmen. Das sind neun Prozent der Jungunternehmer des Jahres 2017, worunter alle aktiven Existenzgründer der vorangegangenen fünf Jahre fallen.
Sozialunternehmen gelten wegen ihrer typischen Verknüpfung von Gemeinwohl und Erwerbswirtschaft ohnehin als sozial innovativ. „Ihre Innovationskraft beschränkt sich aber nicht darauf – sie bieten tatsächlich häufiger Marktneuheiten und technologische Neuentwicklungen an“, heißt es im KfW-Report. Demnach schaffte jeder dritte junge Sozialunternehmer (32 %) ein neues Angebot auf seinem Zielmarkt, bei herkömmlichen Gründern sind es nur zwölf Prozent. Nahezu jedem vierten Sozialunternehmer gelang es, eigene technologische Innovationen zur Marktreife zu entwickeln (24 % vs. 11 %).
Sozialunternehmen arbeiten mit Marktanalyse sowie Gewinn- und Verlustrechnung, aber sie verstehen sich nicht karitativ wie die Wohlfahrtsverbände. Im Vergleich junger Sozialunternehmer und herkömmlicher Gründer nimmt die vorliegende KfW-Studie eine Klärung vor, was darüber hinaus den Social Entrepreneur ausmacht.
Ganz gleich, ob Sozial- oder „Normal“-Unternehmen: Beide Gründungsvarianten benötigen besondere Unterstützung durch Bürokratieabbau und bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, empfiehlt die Studie. Speziell die Sozialunternehmer sollten darüber hinaus beim Erwerb kaufmännischen Know-hows gefördert werden, denn hier sehen sie selbst ihre Achillesferse. „Das erhöht die Chance, dass sich Sozialunternehmer auch langfristig am Markt halten können.“
Fünf innovative Sozialunternehmen und soziale Projekte stellen sich mit ihren neuen Lösungen für gesellschaftliche Probleme auf dem Kongress der Sozialwirtschaft am 16./17. Mai 2019 in Magdeburg zum Pitch. Nach den Regeln eines Start-Up-Pitchs (fünf Minuten Präsentation des Projektes und anschließend fünf Minuten Zeit für Fragen) kämpfen sie um die Gunst des Publikums. Der Sieger des Pitchs nimmt an der darauffolgenden Podiumsdiskussion „Was erwarte ich von einer modernen Führungskultur?“ teil.
* Der KfW-Gründungsmonitor, nach eigenem Bekunden „einzige Datenquelle in Deutschland für ein ganzheitliches Bild der Gründungstätigkeit“, fußt auf einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung. Vorliegende Studie basiert auf Daten des Jahres 2017 und erfasst Existenzgründer, die sich in den vorangegangenen fünf Jahren selbstständig gemacht haben: Gründer im Voll- und Nebenerwerb, Freiberufler und Gewerbetreibende, Neugründungen und Übernahmen.
Georg Metzger, Social Entrepreneurs in Deutschland: Raus aus der Nische – 154.000 „junge“ Sozialunternehmer im Jahr 2017, in: KfW Research, Fokus Volkswirtschaft, Nr. 238/2019, 5 Seiten, Download
Weitere Informationen zum Kongress der Sozialwirtschaft am 16./17. Mai 2019 in Magdeburg:
www.sozkon.de
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