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Werden Roboter irgendwann einmal Pflegefachkräfte ersetzen? Nein, völlig autonom arbeitende Roboter in der Pflege hält Prof. Dr. Sami Haddadin, Direktor der Munich School of Robotics and Machine Intelligence, für unrealistisch. Sie könnten langfristig aber zu wichtigen Werkzeugen und Alltagshelfern für das Pflegepersonal werden, schreibt er im Report „Pflege und digitale Technik“ des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP). Damit das funktioniert, müssen Pflegefachkräfte fachlich und technologisch jedoch gut geschult werden.
Der kürzlich erschienene ZQP-Report befasst sich mit bestehenden digitalen Unterstützungssystemen und der Frage, wie die Zukunft der Pflege aussehen könnte – und lässt dazu zahlreiche Expertinnen und Experten zu Wort kommen. Haddadin, Leiter des 2018 eröffneten Forschungszentrums für Geriatronik in Garmisch-Partenkirchen, ist einer davon. Die Geriatronik – sie beschäftigt sich mit der Nutzung von Robotik im Alter und in der Pflege – spielt für ihn eine wichtige Rolle: Sie könne künftig zum Beispiel dabei helfen, dem Personalmangel in der Pflege zu begegnen und Pflegende zu entlasten. Das Forschungszentrum will dafür unter anderem einen Service-Humanoiden entwickeln: „GARMI“ soll lernfähig sein und älteren Menschen das Leben erleichtern, zum Beispiel beim Aufstehen helfen oder Gegenstände anreichen. Zugleich kann er auch für telemedizinische Zwecke genutzt werden. Bei der Entwicklung sollen die Nutzer mit einbezogen werden. So sind Kooperationen mit lokalen Alten- und Pflegeheimen, dem Klinikum und der Berufsfachschule vor Ort geplant: Garmisch-Partenkirchen als „Living Lab“.
Technische Entwicklung mit engem Praxisbezug also – für Prof. Dr. Claudia Müller von der Kalaidos Fachhochschule Schweiz unbedingte Voraussetzung, dass Roboter & Co. von den Nutzern auch wirklich angenommen werden. „Der Fokus liegt immer noch zu stark auf der technologischen Innovation“, stellt sie in ihrem Beitrag fest, auch wenn Entwickler seit einigen Jahren zunehmend nutzerorientiert arbeiten würden. „Die Technikentwicklung muss in die Mitte der Gesellschaft, Städte und Kommunen müssen sich hier stärker engagieren.“ So könnten Fachleute zum Beispiel in Senioren-Treffs über neue Produkte informieren oder diese dort ausprobieren lassen. Auch Pflegeanbieter seien wichtige Akteure in diesem Bereich.
Einige Beispiele für die Anwendung in der Alltagspraxis nennt Prof. Dr. Barbara Klein vom Forschungszentrum „FUTURE AGING“ an der Frankfurt University of Applied Sciences. Sie unterscheidet dabei zwischen drei Robotertypen: dem emotionalen für aktivierende Ansätze, dem Telepräsenz-Roboter für soziales Miteinander und dem menschenähnlichen. PARO, ein Roboter in Form einer Robbe, wird aktuell in vielen Projekten zur Aktivierung erprobt, etwa bei demenzkranken oder behinderten Menschen. Das Telepräsenzsystem GIRAFF ermöglicht Pflegebedürftigen virtuelle Kontaktaufnahme zu Angehörigen und Freunden und unterstützt Pflegekräfte beim Monitoring. Schon länger bekannt ist der menschenähnliche Roboter „Pepper“, der bereits Auftritte in Altenpflegeheimen hatte. „Die Robotik ist für den Einsatz mit älteren und pflegebedürftigen Menschen ein wachsendes Feld. Es gibt jedoch einen großen Forschungsbedarf – vor allem auch zu ethischen Fragen“, so Barbara Klein.
Der ZQP-Report stellt überdies eine Reihe von neuen Impulsen vor:
Weitere Beiträge des Reports widmen sich dem Thema „Digitalisierung in der Pflegeausbildung“ und der Bedeutung des Datenschutzes. Ein umfangreicher Serviceteil rundet das Kompendium ab.
ZQP-Report „Pflege und digitale Technik“, Berlin 2019, 112 Seiten, Download
Verein „friends of geriatronics”
Weitere neue Technologie-Projekte, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung:
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