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„Die Wohnungsnot ist zu der sozialen Frage schlechthin in Deutschland geworden“, bilanzierte die Süddeutsche Zeitung kürzlich ein Rechercheprojekt zum Thema. Kein Zufall, dass gemeinschaftliche Wohnformen zunehmend Aufmerksamkeit erfahren. Oft als Genossenschaften oder Baugemeinschaften organisiert, sind sie vom Anspruch selbstbestimmten, nachbarschaftlichen und ökologischen Wohnens geleitet. Die konsequente Erweiterung solcher Projekte besteht in wohnbegleitenden Dienstleistungen – der gemeinsamen Nutzung von Autos, Lastenfahrrädern, Gärten und Werkstätten. Was diese Angebote erfolgreich macht, wie sie selbstorganisierte Wohnformen stärken, untersucht das Forschungsprojekt „WohnMobil“.
Das dreijährige Verbundprojekt unter Leitung des Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE) bringt eine breite Expertise mehrerer wissenschaftlicher Institute, Projektpartner der Bauwirtschaft und Bewohnerinitiativen zusammen und wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Der Abschlussbericht stellt sogenannte Reallabore, praxiserprobte Beispiele für die Planung und Umsetzung wohnbegleitender Dienstleistungen, vor.
Der Begriff stammt aus der Wohnungswirtschaft der 1990er-Jahre und erfährt in der aktuellen Diskussion um Geschäftsmodelle des Teilens und gemeinschaftlicher Selbsthilfe (Repair-Cafés, FoodCoops) neue Aktualität. Er meint, dass Bewohner benötigte Dienstleistungen rund um ihre Wohnung, das Gebäude oder das Wohnumfeld gemeinsam planen, erstellen und nutzen. Manchmal werden auch externe Anbieter herangezogen (Carsharing). Die Nutzung kann gegen ein Entgelt (Geräte-Ausleihe) oder im Tauschgeschäft erfolgen (Einkaufshilfe gegen Kinderbetreuung im generationenübergreifenden Wohnen).
Wie sieht die Planung und Umsetzung gemeinschaftlicher Mobilitäts- und Wohndienstleistungen aus, welche Probleme und Lösungen stellen sich ein? Die folgende Zusammenfassung konzentriert sich auf wichtige Resultate zur Machbarkeit von partizipativen Wohn- und Dienstleistungsmodellen an drei Standorten.
Angesichts hoher Individualkosten und Umweltbelastung spricht vieles für gemeinschaftliche Mobilitätsdienstleistungen. Zwei unterschiedliche Konzepte zeigen, wie sehr die erfolgreiche Realisierung von den individuellen Anforderungen der Nutzer abhängt.
WohnMobil-Praxispartner ist bei diesem Beispiel das Wohnungsunternehmen Bauhilfe Pirmasens GmbH, das im partizipativen Wohnpojekt „PS:patio!“ 34 Einheiten betreibt. Auffallend ist der hohe Anteil von Älteren und Frauen zwischen 50 und 80 Jahren, die keine Kinder in ihren Haushalten haben.
„Innovative wohnbegleitende Dienstleistungen fördern das nachhaltige Wohnen“, würdigt der Abschlussbericht die vorgestellten Praxisbeispiele. Ausführliche Werkstattberichte beschreiben unterschiedlich weitreichende Nachhaltigkeitseffekte in ökologischer, sozialer rund ökonomischer Dimension. Planung und Realisierung benötigten jedoch professionelle Begleitung und den langen Atem aller Beteiligten. Wichtig für das Gelingen innovativer Wohninitiativen ist das Denken über die eigenen Grundstücksgrenzen hinaus. Dazu gehört der Austausch mit der etablierten Wohnungswirtschaft, die vor allem im genossenschaftlichen Bereich schon manche gemeinwohlorientierten, auf soziale und ökologische Nachhaltigkeit abzielenden Ideen vorgedacht hat. Zum anderen können Kooperationspartner und Nutzer nicht nur die eigenen Bewohner sein, sondern auch Personen aus dem Quartier bzw. Stadtteil. „Neben mehr Nachahmern aus der Wohnungswirtschaft wie auch der Zivilgesellschaft bedarf es in Zukunft (...) auch einer politischen Kultur, die diese oder ähnliche wohnbegleitenden Dienstleistungen durch mehr Flexibilität im (Kommunal-) Recht, der (Anschub-) Finanzierung und auch der Vernetzung und Beratung umfassender fördert.“
*Das wahre Problem der Nation heißt Wohnungsnot: www.sueddeutsche.de/wirtschaft/soziale-frage-das-wahre-problem-der-nation-heisst-wohnungsnot-1.4061291 (zuletzt abgerufen am 17.12.2018)
Abschlussbroschüre:
Jutta Deffner / Peter Kasten / Frieder Rubik u. a., Wohnbegleitende Dienstleistungen. Nachhaltiges Wohnen durch innovative gemeinschaftliche Angebote fördern, Frankfurt, Oktober 2018, 23 Seiten, Download.
Ausführlicher Werkstattbericht:
WohnMobil: Nachhaltigkeitswirkungen wohnbegleitender Dienstleistungen in gemeinschaftlichen Wohnformen, 80 Seiten, Download.
Mehr zum Projekt sowie anwendernahe Factsheets etwa zu „Carsharing für Wohninitiativen und Wohnungsunternehmen“, „Lastenrad“, „Gemeinschaftswerkstatt“ und „Repair-Café“ unter www.wohnmobil-projekt.de
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