Suche
Der Deutsche an sich gilt als spendenfreudig. Wenn ihn von draußen in der Welt die Nachricht einer großen Naturkatastrophe erreicht, zückt er sein Portemonnaie. Doch wie sieht der graue Spendenalltag daheim aus, welche Spendentrends herrschen vor, welche ändern sich? Antworten gibt der aktuelle Zwischenbericht des Deutschen Spendenrats für die Zeit von Januar bis September 2018. Ein widersprüchliches Bild wird erkennbar: Demnach lag das Spendenaufkommen bei 3,3 Mrd. Euro – ein kräftiges Plus von sechs Prozent zum Vorjahreszeitraum und geschätzt deutlich mehr als fünf Mrd. Euro fürs ganze Jahr. Zugleich setzt sich ein Trend der letzten Jahre fort: „Immer weniger Menschen spenden. Doch wer spendet, spendet mehr!“, sagt Spendenrat-Geschäftsführerin Daniela Geue.
Vorliegender Zwischenbericht zur alljährlichen „Bilanz des Helfens“ wurde von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) erstellt und basiert auf der schriftlichen Befragung von 10.000 Menschen ab zehn Jahren. Enthalten sind ausschließlich Spenden deutscher Privatpersonen, nicht dabei sind etwa Erbschaften und Unternehmensspenden, Spenden an politische Parteien und gerichtlich veranlasste Geldzuwendungen. Der Deutsche Spendenrat ist Dachverband von 65 Spenden sammelnden, gemeinnützigen Organisationen – vom Roten Kreuz bis zur Stiftung Denkmalschutz.
16,5 Millionen Personen haben im Erhebungszeitraum Geld an gemeinnützige Organisationen oder Kirchen gespendet. Im Vorjahresvergleich sind das 500.000 Menschen weniger: der niedrigste Wert seit Beginn der Erhebung im Jahr 2005. Die Spendenhäufigkeit sank leicht von 5,8 auf 5,6 Spenden pro Person. Allerdings liegt die durchschnittliche Spende von 35 Euro „erneut auf hohem Niveau“.
Humanitäre Hilfe stellt mit 75 Prozent weiterhin den Löwenanteil am Spendentopf. Zunehmend spendabel zeigten sich die Deutschen für Umwelt- und Naturschutz (+29 Mio. Euro) sowie für Tierschutz (+18 Mio. Euro). Einen Absturz hingegen verbuchten die Einnahmen für Kultur- und Denkmalpflege (-30 Mio. Euro). Zwar beeinflussen Naturkatastrophen wie die Dürre in Afrika und die Flut auf den Philippen und in Indien die Spendenentwicklung, dennoch sank der Anteil der Not- und Katastrophenhilfe am gesamten Spendenvolumen von 14,5 auf rund 9 Prozent. Gut aufgegriffen, teils mit steigenden Einnahmen, wurden soziale Themen wie Krankheit, Behinderung, Kinder- und Jugendhilfe. Im Trend liegt auch eine leichte Abnahme der Spenden an katholische und evangelische Organisationen (-5,1 %) zugunsten nichtkonfessioneller Organisationen (+5,2 %) wie zum Beispiel Ärzte ohne Grenzen und Deutsche Aids Hilfe.
Nationale Projekte nehmen langfristig an Bedeutung zu, besagt die Erhebung (2014-2018: von 27 auf 33 Prozent). Tatsächlich wurde 2018 für den internationalen Katastrophenschutz weniger gespendet als für nationale und lokale Einrichtungen. 65 Prozent der privaten Spendeneinnahmen entfallen darauf. Spiegelt sich darin die politische Großwetterlage – Germany first in der Spendenzielsetzung? „Nein, davon gehen wir nicht aus. Wir führen das eher darauf zurück, dass Organisationen vermehrt auf eine transparente Berichterstattung ihrer Tätigkeiten und Mittel auch vor Ort setzen“, erläutert Geue für den Spendenrat. So bietet etwa die Deutsche Lebens Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Vor-Ort-Besichtigungen ihrer Einsatzorte in Deutschland an, um Spender lebensnah über ihre Arbeit zu informieren. Gleichzeitig wirbt der Verein mit dem Zertifikat des Spendenrats für Transparenz und sichert damit die zweckgerichtete, wirtschaftliche und sparsame Mittelverwendung der Spenden- und Fördergelder zu.
Spender sind beständige Menschen. Ein Viertel braucht keinen besonderen Anstoß zur Mildtätigkeit. „Regelmäßiges Spenden liegt diesen Menschen am Herzen.“ Ein hoher Anteil an Mehrfachspendern (31 %) deckt 63 Prozent des Spendenvolumens ab. Besonderes Augenmerk gilt der mittleren Altersgruppe (30-59 Jahre). Deren Spendenaktivität nimmt wieder zu, am stärksten in der traditionell schwer erreichbaren Altersgruppe von 40 bis 49 Jahren (von 216 auf 271 Euro pro Kopf). Diese erfreuliche Tatsache kontrastiert mit dem langfristigen Trend abnehmender Einnahmen aufgrund sinkender Spenderzahl (Spendenvolumen 2018 vs. 2014: -27 %). Die Generation 70plus gibt das meiste Geld, ihr Anteil am gesamten Spendenaufkommen ging jedoch von gut 40 auf 35 Prozent zurück.
Als Spendenanstoß spielt der gute alte Brief eine große Rolle (18 %). Da kommen soziale Medien noch lange nicht mit (0,4 %). Dennoch rät Geue den gemeinnützigen Organisationen, sich mit dem Thema zu beschäftigten. „Viele Organisationen stehen hier aufgrund der rasanten Entwicklung vor erheblichen Herausforderungen.“ Das betreffe nicht nur den finanziellen und zeitlichen Mehraufwand, sondern auch das Wissen, sich adäquat in den sozialen Medien zu bewegen. „Daher würden wir empfehlen, zunächst eine interne Analyse zu machen, welches soziale Medium meine Zielgruppe – etwa Jugendliche oder 30-Jährige – überhaupt nutzt, bevor wichtige Ressourcen schlimmstenfalls verpuffen.“
Diese recht neue Form des Spendens wird in der „Bilanz des Helfens 2017“ thematisiert. Danach kennen 37 Prozent der Befragten projektbezogenes Crowdfunding, 6 Prozent setzen dafür Geld ein. Beliebt ist es besonders in den Altersgruppen der 30-39-Jährigen (25 %) und der 40-49-Jährigen (19 %). Da stellt sich die Frage, ob man Menschen, die sich per Crowdfunding engagieren, überhaupt noch fürs klassische Spenden erreicht? Angesichts der unterschiedlichen Größenordnungen ist die Sache für Geue klar: „Wir geben das klassische Spenden an gemeinnützige Organisationen und Kirchen noch lange nicht verloren.“
Deutscher Spendenrat e. V., Spendenjahr 2018. Trends und Prognosen, Berlin 2018, 29 Seiten, Download
Deutscher Spendenrat e. V., Bilanz des Helfens 2018 (für 2017), Berlin 2018, 29 Seiten, Download
Digitalisierung
Im Dickicht der Selbstverwaltung
Integration
Kreative Ideen, damit das Ankommen gelingt
Gesundheitswirtschaft
„Interessenvertretung spielt eine zentrale Rolle!“
Fundraising
Deutscher Spendenrat: „Wir geben das klassische Spenden nicht verloren!“
Gesellschaft
Im Alter ohne Kinder: Weder einsam noch verbittert
Nachhaltigkeit
Wohnbegleitende Dienstleistungen: Teilen und Umwelt schützen
Integration
Migrantenorganisationen in Deutschland
Buchempfehlung
Die Top Ten der Zukunftsliteratur
Susanne Bauer
Senior Referentin Unternehmenskommunikation
Konrad-Adenauer-Ufer 85
50668 Köln
T 0221 97356-237
F 0221 97356-477
E-Mail