Page 8 - Sozialus 4-2020
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 Wie groß der Einfluss der Corona-Krise auf die Wirtschaft sein wird und wie lange wir uns mit den Auswirkungen werden beschäftigen müssen, kann derzeit noch niemand konkret absehen. Fakt ist jedoch, dass die Corona-Pande- mie eine massive Bedrohung für die deutsche Volkswirt- schaft darstellt. Lange waren branchenübergreifend nicht mehr so viele Arbeitsplätze in Gefahr. Gleichzeitig ist die Erkenntnis, dass unsere Gesellschaft auf bestimmte Berufsgruppen gerade in Krisensituationen stärker ange- wiesen ist als auf andere, besonders präsent. Dies könnte nachhaltig zu einer allgemeinen Aufwertung des Pflege- berufes (und anderer sozialer Berufsfelder) beitragen.
Es ist gut möglich, dass in Zeiten unsicherer Wirtschaftslagen die Berufe in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft wieder stärker nachgefragt werden, da sie als „krisensichere“ und zukunftsweisende Arbeitsplätze wahrgenommen werden. Der Bedarf in der Pflege ist jedenfalls immens. Träger von Pflege- einrichtungen und Pflegediensten sollten die neu entflammte Wertschätzungskultur für ihre Personalgewinnung nutzen.
Das Rothgang-Gutachten veranschaulicht den personellen Mehrbedarf
Bereits vor der Corona-Krise war der Fachkräftemangel in vollstationären Pflegeeinrichtungen eklatant. Im Februar 2020
veröffentlichte Prof. Heinz Rothgang von der Universität Bremen im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums ein Gutachten zur Personalbemessung in der Langzeitpflege. Es führte zu dem Ergebnis, dass die Zahl der Pflegekräfte bundesweit um 36% erhöht werden müsse. Folglich fehlen etwa 120.000 Pflegekräfte in der vollstationären Pflege. Im Fachkräftebereich sieht das Gutachten jedoch nur einen sehr geringen Mehrbedarf von rund 3,5%. Vielmehr herrsche der überwiegende Bedarf im Assis- tenzkräftebereich: Rothgang sieht hier einen Mehrbedarf von etwa 69 %.
Die kurz- und langfristigen Auswirkungen der Corona-Krise
In Zeiten der Corona-Pandemie sehen sich Pflegeeinrichtungen mit einer akut nochmals zugespitzten Personalsituation konfron- tiert. Große Träger sind hier klar im Vorteil, da sie Mitarbeitende in einem Pool bündeln und somit flexibel in denjenigen Einrich- tungen einsetzen können, in denen der Bedarf am höchsten ist.
Um die Versorgung in vollstationären Einrichtungen aufrechtzu- erhalten, kann aktuell von den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben wie Rahmenbedingungen zur Personalausstattung abgewichen werden. Gemäß des COVID-19-Krankenhausent- lastungsgesetzes können Pflegeeinrichtungen ihren Betrieb auch dann weiterhin aufrechterhalten, wenn weniger Pflege-
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BERATEN UND BEWERTEN
 Pflegeberufe
Jetzt die Wertschätzungs- kultur nutzen!
 Bildnachweise: Shutterstock






















































































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