Page 13 - Sozialus 4-2020
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  Trendthema
Bildung für nachhaltige Entwicklung
 Die harten Maßnahmen zur Abwehr der Corona-Pandemie zeigten eine eindrucksvolle Handlungsfähigkeit von Politik und Gesellschaft. Ganz anders sieht unser Umgang mit Klimawandel und Umweltzerstörung aus. Schon lange kennen wir diese Gefahren und wissen, dass wir etwas dagegen tun können. Doch Erkenntnis und Handeln sind zweierlei, Wissen macht noch keine Verhaltensänderung. Sind wir einfach nur Ignoranten und Egoisten? Warum schaffen wir es nicht, die Weichen zum rücksichtsvollen Umgang mit den Ressourcen unseres Planeten umzulegen?
Wann und wie Gesellschaften die Zeichen der Zeit erkennen und drängende Herausforderungen angehen, hat Hans Holzinger, Nachhaltigkeitsexperte der Robert-Jungk-Bibliothek in Salzburg, untersucht. Anhand von Erkenntnissen aus Transformations- forschung, Wachstumskritik und Psychologie legt er eine Reihe systemisch bedingter Handlungsbarrieren frei.
Kognitive Dissonanz: Menschen sind Verdrängungskünst- ler, blenden gerne Widersprüche aus, die sich nicht in ihr Komfortschema fügen. Zum Beispiel, wenn manche Zeit- genossen die Warnungen vor der Klimaerwärmung mit dem Hinweis auf die Annehmlichkeiten sommerlichen Wetters kontern.
Glaubwürdigkeitsdilemma: Die vielen widerstreitenden Botschaften, die uns tagtäglich umgeben, erschweren klare Einsichten und torpedieren unsere Motivation – Klimawandel, gab es das nicht irgendwie schon immer?
Du lebst nur einmal: Diese Haltung firmiert unter dem Akronym Yolo („You only live once“) und besagt: Wenn sowie- so alles den Bach heruntergeht, warum dann nicht heute noch mal richtig abfeiern?
Nahbereichsfalle: Wir übernehmen vorzugsweise nur Ver- antwortung für Handlungen, deren Folgen wir unmittelbar spüren. So halten sich die meisten Autofahrer an Tempo-
limits, um nicht in eine Radarfalle zu geraten und um ihr Un- fallrisiko zu senken. Aber nur wenige lassen das Auto stehen, um einen Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten.
Hinzu kommen wirkmächtige Tiefenstrukturen der Konsumge- sellschaft: Als soziale Wesen stehen Menschen in stetem Ver- gleich mit anderen, verschaffen sich Selbstbestätigung, Erfolg und Status durch Konsum. Dabei verdrängen sie die Folgen: Raubbau an der Natur und Umweltzerstörung.
Nachhaltige Bildung ist mehr als Wissen
Als allgemeinstes Ziel der Bildung für nachhaltige Entwicklung nennt Holzinger die Anleitung insbesondere junger Menschen zu einem ökologisch verantwortungsvollen Verhalten. Somit schließt Bildung eine umweltpolitische Aufklärung ein, die über das bloße Wissen um Treibhausgase, regenerative Energien und weltweite Fertigungsketten hinausgeht.
Ökologisches Verhalten appelliert an den Einzelnen, doch das alleine reicht nicht. In Summe zählt nur das Verhalten aller. Hier kommt erneut die Nachhaltigkeitsbildung ins Spiel – mit einer systemischen Sicht. Das Handeln bedarf allgemein ver- bindlicher politischer Rahmenbedingungen. Erst durch ein kon- sistentes politisches Rahmenwerk lasse sich nachhaltiges Wirt- schaften und Konsumieren realisieren, unter anderem durch ein System von Anreizen und Sanktionen. Insgesamt gehe es darum, attraktive Alternativen zu entwerfen und sich über die notwendigen Maßnahmen öffentlich zu verständigen.
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